Welche Rechte habe ich als Ehegatte oder Lebenspartner im Rahmen der gesetzlichen Erbfolge?

Dominik Lindner
03. Januar 2025Von Dominik Lindner

Wenn ein geliebter Mensch ohne Testament verstirbt, bestimmt die gesetzliche Erbfolge (intestate succession), wie sein Nachlass aufgeteilt wird. Als Ehegatte oder Lebenspartner hängen Ihre Rechte von mehreren Faktoren ab, darunter Ihr Familienstand, der gemeinsame Güterstand und ob Kinder oder andere Verwandte beteiligt sind. Hier finden Sie einen detaillierten Überblick über Ihre Rechte nach deutschem Erbrecht.

 
1. Rechte eines rechtmäßig verheirateten Ehegatten
1.1 Vorrang als Erbe
Als rechtmäßig verheirateter Ehegatte gehören Sie zu den ersten Erben und teilen den Nachlass mit den Kindern des Verstorbenen oder, falls diese nicht vorhanden sind, mit anderen Verwandten wie den Eltern oder Geschwistern.

1.2 Erbteil
Ihr Anteil am Nachlass hängt vom Güterstand ab:

Zugewinngemeinschaft (Zugewinngemeinschaft): Die häufigste Regelung in Deutschland. Sie erben 50 % des Nachlasses, wobei die restlichen 50 % unter den Kindern aufgeteilt werden.
Gütertrennung: Bei dieser Regelung erben Sie in der Regel ein Drittel des Nachlasses, der Rest wird unter den anderen Erben aufgeteilt.
Gütergemeinschaft: In diesem seltenen Fall erben Sie je nach Vereinbarung einen größeren Teil oder den gesamten Nachlass.
1.3 Besondere Rechte an der ehelichen Wohnung
Wenn Sie mit dem Verstorbenen eine gemeinsame Wohnung bewohnt haben, haben Sie möglicherweise einen gesetzlichen Anspruch darauf, in der ehelichen Wohnung zu bleiben. Sie können auch beim Gericht beantragen, dass Ihnen diese Immobilie zugewiesen wird, selbst wenn sie Teil des Nachlasses ist.

 
2. Rechte als unverheirateter Partner
2.1 Kein automatisches Erbrecht
Wenn Sie nicht verheiratet waren, gewährt Ihnen das deutsche Erbrecht kein automatisches Erbrecht. Der gesamte Nachlass wird unter den gesetzlichen Erben des Verstorbenen, wie Kindern, Eltern oder Geschwistern, aufgeteilt.

2.2 Mögliche Ansprüche
Sie können trotzdem einen Anspruch haben, wenn:

Sie waren von dem Verstorbenen finanziell abhängig.
Sie haben wesentlich zum Aufbau des Vermögens des Verstorbenen beigetragen. In solchen Fällen können Sie eine Entschädigung oder eine Forderung für nicht gezahlte finanzielle Beiträge (z. B. Darlehen oder Investitionen in gemeinsames Eigentum) geltend machen.
2.3 Vermögenswerte außerhalb des Nachlasses
Wenn der Verstorbene Sie als Begünstigten in einer Lebensversicherung, einem Pensionsfonds oder einem Gemeinschaftskonto benannt hat, gehen diese Vermögenswerte am Nachlass vorbei direkt an Sie.

 
3. Besondere Erbrechte für Ehegatten
3.1 Rentenansprüche
Als Ehegatte können Sie nach deutschem Recht Anspruch auf eine Witwenrente haben. Diese ist von der Erbschaft getrennt und hat keinen Einfluss auf Ihren Anteil am Nachlass.

3.2 Hausrat
Sie haben das Recht, Haushaltsgegenstände und persönliche Dinge aus der gemeinsamen Wohnung zu behalten. Dies geschieht oft unabhängig vom formellen Erbschaftsverfahren.

3.3 Schuldenbereinigung
Wenn der Nachlass erhebliche Schulden enthält, können Sie das Erbe innerhalb von sechs Wochen nach der Benachrichtigung ausschlagen. So verhindern Sie, dass Sie für mehr Schulden als Vermögen haften müssen.

 
4. Wie wird der Nachlass unter den Erben aufgeteilt?
4.1 Mit Kindern
Wenn Kinder vorhanden sind, wird der Nachlass zwischen Ihnen und ihnen aufgeteilt:

Sie erhalten 50 % des Nachlasses in Zugewinngemeinschaft.
Die restlichen 50 % werden zu gleichen Teilen unter den Kindern aufgeteilt.
4.2 Ohne Kinder
Wenn der Verstorbene keine Kinder hatte, teilen Sie den Nachlass mit deren Eltern oder Geschwistern:

Sie erhalten 75 % des Nachlasses, wenn die Eltern des Verstorbenen noch leben.
Sind keine Eltern oder Geschwister vorhanden, erben Sie den gesamten Nachlass.

5. Schritte zur Sicherung Ihrer Rechte
5.1 Überprüfen Sie den Familienstand
Stellen Sie sicher, dass Sie über ein rechtsgültiges Dokument verfügen, das Ihre Ehe belegt, z. B. eine Heiratsurkunde, insbesondere wenn Sie im Ausland verheiratet waren.

5.2 Verlangen Sie ein Inventar
Sie können ein amtliches Inventar des Nachlasses verlangen, um dessen Wert und Verbindlichkeiten zu ermitteln. Dies hilft Ihnen bei der Entscheidung, ob Sie das Erbe annehmen oder ausschlagen.

5.3 Sichern Sie Vermögenswerte
Ergreifen Sie Maßnahmen zur Sicherung gemeinsamer Vermögenswerte, z. B. das Einfrieren gemeinsamer Konten oder die Eintragung Ihres Anspruchs auf das eheliche Haus.

5.4 Wenden Sie sich an einen Anwalt
Ein Anwalt für Erbrecht kann Sie durch das rechtliche Verfahren begleiten, insbesondere wenn es zu Streitigkeiten mit anderen Erben kommt oder der Nachlass internationale Vermögenswerte umfasst.

 
6. Fazit
Das deutsche Erbrecht räumt Ihnen als Ehegatten im Rahmen der gesetzlichen Erbfolge erhebliche Rechte ein, wobei Ihre finanzielle Sicherheit im Vordergrund steht. Unverheiratete Partner stehen jedoch vor größeren Herausforderungen und sollten proaktive Schritte unternehmen, um ihre Interessen zu schützen. Wenn Sie Ihre Rechte kennen und schnell handeln, können Sie sicherstellen, dass Sie Ihren gerechten Anteil erhalten und gleichzeitig mögliche Verbindlichkeiten vermeiden.